Susanne Lategahn: „Ich habe den schönsten Beruf der Welt!“

Als Bernd und Susanne Lategahn zum einhundertjährigen Bestehen der Firma Lategahn im Mai 1994 die traditionsreiche Schreinerei als Teilbereich des Unternehmens schlossen, hatte das zwei Gründe: Zum einen waren die ergänzenden Auflagen der Gewerbeaufsicht kaum noch mit der Lebenswirklichkeit vereinbar, zum anderen wurde immer deutlicher, dass ein zeitgemäßes Bestattungshaus nur mit vollem Einsatz erfolgreich sein kann.

Bernd Lategahn: Einst jüngster Schreinermeister in NRW, Bestattermeister, war mehr als 30 Jahre lang als amtlich bestellter Sachverständiger für das Bestattungsgewerbe in NRW tätig, in 4. Generation Inhaber des Bestattungshauses und brennt noch immer für seinen Beruf.

Innovativ und der Familientradition verpflichtet, mit frischen Ideen und neuen Konzepten, so stellten Bernd und Susanne Lategahn sich fortan in den Dienst eines menschlichen, empathischen und zugleich fachlich versieren Umgangs mit Verstorbenen und deren Familien. Wir sprachen mit Susanne Lategahn über ihr Berufsethos.

Frage: Frau Lategahn, was haben Sie und Ihr Mann anders gemacht, als man es bis dahin kannte?

Susanne Lategahn: Als ich in die Bestattungsbranche kam, sagte mir einmal ein Freund etwas abschätzig: „Ach, ihr macht doch sowieso alle dasselbe.“ Und irgendwie stimmte das auch. Die Abläufe bei Trauerfeiern waren streng ritualisiert, ich hatte oftmals selbst den Eindruck, dass das Leben des Verstorbenen nicht wirklich an seinem Ende gewürdigt wurde.

Wir haben uns damals schon dem entgegengestellt mit unserem Credo: Der Verstorbene und seine Angehörigen stehen im Mittelpunkt all unserer Bemühungen. Es würde den Rahmen sprengen, nur einen Teil dessen zu benennen, was wir damals verändert haben und damit oftmals deutliche Proteste von Amtsträgern und Mitbewerbern provozierten, bis hin zu wirtschaftlichen Einbußen, die wir in den Anfängen für unsere Überzeugungen hinnehmen mussten, aber diese Zeiten sind zum Glück vorbei und die Bestattungsbranche insgesamt auf einem guten Weg.

 

Philosophie des Unternehmenes Lategahn

Frage: Auf Ihrer Webseite findet man ihr Motto: „Wir verstehen uns als modernes Dienstleistungsunternehmen, das in einer Extremsituation in Anspruch genommen wird.“ Was bedeutet das aktuell?

 

Susanne Lategahn: Unser Haus ist selbstverständlich ausgestattet mit allen Erfordernissen eines modernen Bestattungshauses, darüber hinaus waren wir das erste Bestattungshaus in Dortmund, das einen Cafébereich anbieten konnte für Zusammensein nach der Abschiedsfeier. Ebenfalls Pioniere waren wir im Bereich der Trauerbegleitung: Unsere Trauercafés „Wege zurück ins Leben“ gibt es seit deutlich mehr als 15 Jahren und sind wichtiger Anker für viele Trauernde.

Stolz sind wir darauf, als einziges Bestattungsunternehmen im weiten Umkreis Kolumbarien, d.h. öffentliche Urnenfriedhöfe in unseren Häusern anbieten zu können, bereits seit 2010 in Schwerte an der Rathausstraße und seit 2015 in unserem Stammhaus in Dortmund-Hörde.

Eine Institution in Hörde: das Trauercafé bei Lategahn

Frage: Sie sind universitäts-zertifizierte Trauerbegleiterin und Dipl. Entspannungspädagogin und haben Ihr Trauercafé „Wege zurück ins Leben“ als offenes und kostenloses Angebot konzipiert. Hierbei ist es unerheblich, ob die Gäste Kunde Ihres Hauses sind oder nicht. Wie funktioniert dieses Angebot und wer kommt zu Ihnen?

Susanne Lategahn: Das Angebot funktioniert nicht nur, es ist im Laufe der Jahre zur Institution geworden. Viele Menschen brauchen diese moderierte Selbsthilfegruppe, um mit dem erlittenen Verlust weiterzuleben und zu erfahren, dass sie nicht alleine sind, und auch, dass es weitergeht – und dass es auch wieder gut werden kann. Aber anders.

Das Coronavirus hat uns allen sehr zugesetzt; aber ganz besonders Trauernde haben es so schwer bei Kontaktbeschränkungen. Jeder konnte bis zum März 2020 ins Trauercafé kommen, einfach durch die Tür treten. Danach war erst einmal nichts mehr, wie es war. Im letzten Sommer habe ich noch Trauerspaziergänge im Rombergpark anbieten können, in diesem Jahr war gar nichts möglich. Aber hoffentlich sehr bald!

Das Team Lategahn

Frage: Als Bestatterin und Trauerrednerin haben Sie zu tun mit Menschen in einer Extremsituation, die sich emotional in der wohl schwierigsten Situation im menschlichen Dasein befinden. Was hilft Ihnen selbst, damit umzugehen?

Susanne Lategahn: In vielen helfenden Berufen gibt es Supervision; bei meinem Mann und mir findet das oft am Abendbrottisch statt. Darüber hinaus trägt mich ganz persönlich ein großes Gefühl von Dankbarkeit: Für das Vertrauen der Menschen, die ich begleiten darf und ganz einfach für meine oft so berührende und erfüllende Arbeit.

Susanne Lategahn als Wichtel

Frage: Das Bestattungshaus Lategahn gibt es seit 127 Jahren; mehr als 70 Jahren auch in Schwerte. Worauf kommt es Ihnen dabei an?

Susanne Lategahn: Auf unsere großartigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Besonders freuen wir uns natürlich, dass unser Sohn Alexander Lategahn seit Beendigung seines Studiums im Unternehmen ist. Kompetenz und Empathie zeichnet uns alle aus.

Frage: Was sind Ihre Pläne für die Zukunft, gibt es Visionen?

Susanne Lategahn: Helmut Schmidt hat einmal gesagt: Wer Visionen hat, sollte zum Arzt gehen. Aber im Ernst: Unsere Pläne für die Zukunft sehen vor, dass wir -mein Mann heute 73, ich 68 Jahre alt – in zwei Jahren die Verantwortung ganz in die Hände unseres Sohnes legen, und zwar mit Zuversicht und Freude. Aber die Trauercafés und Trauerreden? Die möchte ich gerne noch weiterhin begleiten und betreuen.

Siehe auch: Beeidnruckende Führung durch das Bestattungsunternehmen Lategahn

Bestattungshaus Lategahn

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