Tabutanten: „Sie werden Lachen, es geht um den Tod“

Improvisationstheater eignet sich sehr gut zur Darstellung und humorvollen Pointierung aller gesellschaftlicher Themen, also auch des Todes und des Sterbens. Das sagen Simone Schmitt und Christine G. Holzer und trauen sich mit dem Werkzeug des Improvisierens als „Tabutanten“ gerade auch an die scheinbar schweren Themen wie Sucht, Demenz… oder Themen wie Pflege, Betreuung, Psychologie, Notfallpsychologie.

Christine G. Holzer und Simone Schmitt sind ausgebildete Improvisationstheater-Schauspielerinnen und Theaterpädagoginnen mit langjähriger Bühnenerfahrung, die in Aschaffenburg und auf verschiedenen Bühnen Deutschlands und Österreichs spielen. Sie bespielen humorvoll und mit Niveau abendfüllende, spannende und lustige Shows und verbinden dabei Psychologie mit Improvisationstheater. Die Tabutanten haben dem Forum Dunkelbunt einige Fragen hierzu beantwortet:

Forum Dunkelbunt: Was reizt Sie dran, Tabuthemen ins Rampenlicht der Bühne zu holen?

Tabutanten: Wir spielen Improvisationstheater, Spontanes Schauspiel und Impro Comedy zu allen (für uns ethisch vertretbaren) Themen. Neben den verschiedenen allgemeinen Formaten (zu Unterhaltungsthemen, Abendshows..) liegt der Fokus unserer Arbeit darauf, gleichzeitig zu berühren, in den Zuschauenden etwas in Bewegung zu bringen und die Menschen humorvoll zu unterhalten. Das Lachen dient dazu, nach dem Berührtwerden auch wieder inneren (Schutz)abstand einnehmen zu können. Humor ist schließlich eine wichtige Resilienzstrategie. Christine Holzer und ich, Simone Schmitt, wir mögen selbst keine „flache“ Unterhaltung und wir finden, davon gibt es schon genug, ebenso wie politisches Kabarett. Tabuthemen auf die Bühne zu holen, halten wir für eine wichtige Chance der Information und Aufklärung, der Erhöhung von Empathie zwischen den Menschen, die Möglichkeit miteinander in den Austausch zu gehen und die Grenze des Small Talk zu überschreiten. Und durch das Lachen kann man trotzdem einen schönen Abend erleben.

Forum Dunkelbunt: Wie kamen Sie auf die Idee, sich dem Thema Tod zu widmen?

Tabutanten: Das lief aus mehreren Richtungen zusammen: einerseits arbeite ich (Simone Schmitt) auch als Supervisorin für Hospizbegleiter/-innen, andererseits kam eine Organisatorin des Vereins Verwaiste Eltern auf uns zu, die uns zuvor in anderen Formaten gesehen hatte, und fragte uns konkret danach, ob wir auch einen Theaterabend zum Thema Tod und Sterben improvisieren könnten. Wir trauten es uns zu und das war der Startschuss zu bisher sehr vielen Abenden mit diesem Thema… Corona hatte uns etwas ausgebremst, aber auch in den Zeiten der Pandemie, in denen Bühne möglich war, haben wir gespielt.

Wir spielen jetzt auch vermehrt zu den Themen Geburt(shilfe), Sucht, Partnerschaft, Demenz… und sind offen für weitere spannende Themen.

Forum Dunkelbunt: Was ist das Besondere, wenn man zum Thema Tod/Sterben improvisiert?

Tabutanten: Einerseits das gemischte Publikum: direkt frisch Betroffene, die trauern, sitzen im Publikum und andererseits „Profis“ wie Palliativmediziner/-innen, Hospizbegleiter/-innen, aber auch Menschen, die einfach neugierig auf das Thema und / oder das Format sind etc. – das macht eine interessante Mischung. Zum Thema Tod zu improvisieren spiegelt außerdem die Situation wider, in der sich Trauernde nach einem Todesfall befinden: alles ist neu, das Leben muss sich neu orientieren, es geht ums Loslassen… beim Improvisieren auf der Bühne geht es um den Augenblick, es geht darum, die Fülle in der Leere zu entdecken und permanent Ideen und Gedanken loszulassen und neue zuzulassen…

Forum Dunkelbunt: Sehen Sie die Gefahr, dass Menschen sich verletzt fühlen durch Offenheit beim Thema Sterben oder den Tod, z.B. Menschen in einer konkreten Trauersituation?

Tabutanten: Bisher hat sich bei uns noch niemand gemeldet, dass er oder sie sich verletzt gefühlt hätte… wir gehen insgesamt sehr achtsam mit dem Thema um und der Schalk, der Witz kommt an Stellen, die (mit großer Wahrscheinlichkeit) nicht weh tun. Wir hatten eher das Gegenteil bisher, z.B. dass Menschen nach dem Theaterabend zu uns kamen und gesagt haben, dass sie nach dem Tod des Partners das erste Mal aus dem Haus gegangen sind oder dass wir „zufällig“ genau ihr Thema gespielt hätten (es lag wohl in der Luft :-)) oder ganz viele kommen danach und berichten davon, wie es bei ihnen war, als x oder y gestorben ist.

Wir sind meist nach der Show noch am Ausgang und kommen mit einigen Zuschauern ins Gespräch…

Simone Schmitt & Christine Holzer (Foto: Till Benzin)

Die Tabutanten

spielen in kleinen und großen Sälen, Hallen, auf Tagungen oder Kongressen, auf Kleinkunstbühnen, Theatern etc.

Alle Termine auf www.dietabutanten.de

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