Bestatter Pütz Roth: „Hört bitte auf zu jammern“

Denkanstoß 46
„Hört bitte auf zu jammern!“

„Bestatter an Belastungsgrenze“, „Der Lockdown ist für Bestatter ein Trauerspiel“, „Bestatter schlagen Alarm“. Schlagzeilen wie diese gab es in den letzten (Corona)-Tagen sehr viele. Und das ärgert die Bestatter Hanna und David Roth vom Bestatter Pütz-Roth. In ihrem Denkanstoß Nr. 46 äußern sie sich zur aktuellen Lage:

„Wir erleben die Situation so ganz anders, als in den Medien beschrieben. Mit dem Anstieg der mit oder an Corona verstorbenen Menschen, rücken auf einmal auch wieder wir Bestatter ins Licht der Öffentlichkeit. Leider geben einige Kolleginnen und Kollegen ein sehr schlechtes Bild ab. Da wird über Ansteckungsgefahren geklagt und da werden Engpässe in Krematorien herbei fantasiert, und Bilder von sich stapelnden Särgen heraufbeschworen.

Wir sagen: Hört auf damit! Und macht euren Job!

Uns beschleicht das Gefühl, dass da jemand die Pandemie als Ausrede nutzen will, um möglichst den Aufwand für die Einäscherung und Bestattung eines Verstorbenen so gering wie möglich zu halten. Und für den zurückgefahrenen Aufwand wollen sich einige Kolleginnen und Kollegen dann auch noch für systemrelevant erklären lassen, um so schnell wie möglich an die Impfung ranzukommen.

Ja, auch die Arbeit der Bestatterinnen und Bestatter ist durch Covid schwieriger geworden. Wer sich aber mit Ärztinnen und Ärzten und Pflegrinnen und Pflegern auf eine Stufe stellt, scheint nicht begriffen zu haben, was diese Menschen im Moment leisten.

Nicht in der Impfschlange nach vorne drängeln

Wir verzichten darauf, uns in der Impfschlange nach vorne zu drängeln und machen das, was in der momentanen Situation eben möglich ist. Und das ist immer noch eine ganze Menge, vorausgesetzt man versteht unseren Beruf nicht nur als Transportunternehmen vom Krankenhaus oder Pflegeheim zum Krematorium.

Auch an Covid verstorbene Menschen müssen nicht wie Sondermüll behandelt werden. Wir holen die Verstorbenen ab und bringen sie zu uns ins Haus. Natürlich beachten wir die vorgeschriebenen Hygienestandards, die nicht verbieten, dass die Toten mit Würde behandelt, gewaschen und angezogen werden. Die Angehörigen können uns die Kleidung übergeben und wir übernehmen diese Aufgaben gerne.

Die Trauernden können bei uns am offenen Sarg kontaktlos Abschied nehmen, wie es vom RKI empfohlen wird. Es ist auch möglich, den Toten noch einmal liebevoll an der Hand zu berühren, ohne dass man sich gefährdet. Aerosole, die hauptsächlich für die Übertragung der Krankheit verantwortlich sind, werden von einem Toten nicht mehr ausgestoßen.

Auch Trauerfeiern sind möglich. Von einem Verzicht auf tröstende Rituale kann keine Rede sein. Man kann sich in kleinem Kreis treffen, man kann eine Trauerfeier streamen, oder man begegnet sich im Freien, wo mit dem gebotenen Abstand und Maske auch Beerdigungen mit mehr Menschen möglich sind.

Also, liebe Kolleginnen und Kollegen hört bitte auf zu jammern und seid für die Trauernden da.

Herzlichst Hanna Roth und David Roth “

Foto: Pütz-Roth

Dieser Beitrag wurde 1258 mal näher angesehen!