Viren – sie greifen in das Zusammenspiel der Kräfte ein

In Zeiten der Coronakrise spielt ein winziges Wesen eine riesige Rolle: der Virus COVID-19. Was aber sind überhaupt Viren und ist es so, wie es in der Krisensprache manchmal klingt, nämlich, als ob Viren einen Krieg gegen uns führen, den wir nur mit „kriegerischen“ Maßnahmen beantworten können?

Ein kurzer Film in der 3sat-Mediathek erklärt, wie Viren funktionieren – einfach aufs Bild klicken.

Was sind Viren überhaupt?

Viren sind relativ einfach aufgebaut. Viren bestehen weder aus einer eigene Zelle (so wie Bakterien), noch haben sie einen eigenen Stoffwechsel. Sie sind nicht mehr als ein oder mehrere Moleküle, die manchmal von einer Eiweißhülle umgeben sind. Die Moleküle enthalten das Erbgut – also die DNA oder RNA – mit den Informationen zu ihrer Vermehrung. Mehr nicht. Viren besitzen keinen eigenen Stoffwechsel, keine eigene Energiegewinnung und keine Möglichkeit zur Proteinsynthese. Deshalb gelten sie streng genommen auch nicht als Lebewesen.

Wie funktionieren Viren?

Um sich zu vermehren, dringen Viren in einen Wirt ein und nutzen seine Ressourcen. Sie vermehren sich auf Kosten ihrer Wirtszellen und schädigen so Bakterien, Pflanzen und Tiere. Das klingt nach Krieg und Ausbeutung und so klingt auch die Sprache, wenn von Virusinfektionen die Rede ist: „Wenn das Virus die Macht übernimmt“. Dabei gehören Viren zu dem lebendigen Organismus Erde dazu wie auch Tiere, Pflanzen, Bakterien, Pilze – also alle anderen Einzeller und Vielzeller.

Manchmal lösen sie eine harmlose Erkrankung aus, manchmal töten sie den Wirt sogar. Sie sind sehr flexibel und daher unberechenbar – das löst natürlich große Ängste aus.

Können Viren uns auch helfen?

Das Bild, das Menschen von Viren haben, wandelt sich in den letzten Jahren, nicht bloß in der Medizin. Auch in den Tiefen des Meeres gibt es Viren, die Gutes bewirken. „Ohne sie würde das ökologische Gleichgewicht in den Ozeanen durcheinandergeraten“, sagt Joaquin Martinez Martinez, der marine Erreger am Bigelow Laboratory for Ocean Sciences in Boothbay im US-Bundesstaat Maine erforscht.

Viren können auch von Nutzen sein, etwa um Krebskranke zu therapieren oder Fische zu züchten. Manche Viren befallen jene Bakterien, die Hummer besiedeln. Die Zuchttiere müssen dann nicht mehr mit Antibiotika behandelt werden, sondern die Viren töten die unerwünschten Keime ab. Andere Meeresviren schützen vor einer Algenplage.

Am Deutschen Krebsforschungszentrum wird der Parvovirus H1 untersucht. Dieses Virus vermehrt sich in Tumorzellen und tötet diese ab, gesundes Gewebe lässt es unversehrt. „Aber es gibt noch keine Krebstherapie mit Viren auf dem Markt“, sagt Antonio Marchini, der die Studie leitet. „Wenn alles gut läuft, könnten die ersten Patienten in fünf bis zehn Jahren mit H1 behandelt werden.“ Luftsprünge seien aber verfrüht, denn in der Medizin gibt es selten Wirkungen ohne Nebenwirkungen – und die sind noch nicht erforscht.

Auch verschiedene Bakterien lassen sich mit Viren bekämpfen.

Welche Funktion haben Viren in der Natur?

„Der Vorteil der Viren ist, dass sie sich ihre Wirte stets sehr spezifisch aussuchen“, sagt Martinez Martinez. Dominiert also eine bestimmte Algenart, greift das Virus nur diese an und sorgt dafür, dass andere Phytoplankton-Arten wieder Platz finden, um zu leben.

„Viren kontrollieren regelrecht, wer im Meer lebt und wer nicht“, sagt Joaquin Martinez Martinez. Sie sorgen für ein Gleichgewicht zwischen den Organismen und damit für Artenreichtum.

Immunisierung – wie funktioniert sie?

Menschen sorgen mit ausgeklügelten Mitteln dafür, dass ihre Art möglichst nicht bedroht wird. Immunisierung ermöglicht es dem Körper, sich besser gegen Krankheiten zu wehren, die von bestimmten Bakterien und Viren verursacht werden. Es ist nicht einfach, Viren mit Medikamenten zu bekämpfen. Antibiotika zum Beispiel sind bei Virus-Erkrankungen wirkungslos. Es gibt zwar sogenannte antivirale Medikamente, allerdings helfen diese nur gegen einzelne Virusarten.

Immunität kann zum Beispiel vom Arzt durch eine Impfung erreicht werden. Da jedoch kein Impfstoff zu 100 Prozent wirksam ist, kann man auch trotz einer Impfung krank werden.

Mit Impfstoffen konnten schon Krankheiten, die früher weit verbreitet waren oder tödlich verliefen (z.B. Diphterie und Kinderlähmung), gut unter Kontrolle gebracht werden. Die Pocken konnten durch Impfungen ausgerottet werden. Aber für viele Infektionen stehen keine Impfungen parat – z.B. für Ebola, HIV, Syphilis, Malaria oder Chlamydien – und auch noch nicht für den aktuell grassierenden Corona-Virus.

Impfungen hinken der lebendigen Entwicklung der Viren aber stets hinterher. Die Grippeimpfung beispielsweise wirkt in der Regel gegen den Grippe-Erreger des Vorjahres. Denn Viren verändern sich permanent. Und so müssen auch die Impfstoffe permanent angepasst werden.

Unser eigenes Immunsystem – wehrhaft und pflegebedürftig

Ohne dass wir es wahrnehmen, sind wir ständig von Erregern umgeben, Bakterien, Viren, Pilzen. Doch diese müssen erst einmal das ausgeklügelte System unserer Abwehr überwinden. Auch gegen das Eindringen von Viren wappnet sich das Immunsystem mit verschiedenen Rezeptoren, die Krankheitserreger erkennen und die körpereigene Abwehr aktivieren.

Zu dieser ersten, angeborenen Verteidigungslinie des Immunsystems gehören Rezeptoren und natürliche Killerzellen, die Botenstoffe abgeben und infizierte Körperzellen abtöten. In der frühen Phase einer Infektion holen sich die Killerzellen Verstärkung aus dem Immunsystem: Sie produzieren den Botenstoff Interferon gamma und aktivieren damit weitere Abwehrzellen, mit denen sie gemeinsam gegen die Viren vorgehen.

Solange die körpereigene Abwehr reibungslos funktioniert, macht sie sich praktisch gar nicht  bemerkbar. Wenn das Immunsystem aber versagt, weil es geschwächt ist oder gegen besonders aggressive Krankheitserreger nichts ausrichten kann, wird man krank. Auch Erreger, die dem Körper bisher noch unbekannt sind, haben meist leichtes Spiel. Bei bestimmten Erregern führt aber nur der erste Kontakt zu einer Erkrankung – zum Beispiel bei Kinderkrankheiten wie den Windpocken.

Unzählig viele Tipps geistern durch das Internet, die die Stärkung des Immunsystems versprechen, von „Doppelherz“ bis „Teekanne“. Letztlich sind es die – meist altbekannten – Tipps, die vor Infektionen schützen können:

Was man für die Immunabwehr tun kann – Kurzfassung:

  • Ausgewogene Ernährung mit viel Gemüse und Obst
  • Sonnenlicht und Vitamin D
  • Ausreichend Bewegung
  • Nicht überanstrengen
  • Stress reduzieren
  • Genügend trinken
  • Auf gesunden Schlaf achten
  • Nicht rauchen, nicht zuviel Alkohol
  • Hände regelmäßig waschen (unterwegs desinfizieren)

 

Quellen:

Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung, Was sind Viren?
Robert Koch Institut, Risikobewertung COVID-19
Planet Wissen Viren helfen
MSD Manual, Ausgabe für Patienten
Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen, Wie funktioniert das Immunsystem?
Netdoktor, 9 Tipps für ein starkes Immunsystem

25.03.2020

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