Opernintendant Heribert Germeshausen ist neuer Botschafter des AKHD Löwenzahn

Heribert Germeshausen ist seit 2018 Intendant der Oper in Dortmund. Gefragt, übernahm er spontan die Aufgabe als Botschafter für den Ambulanten Kinder- und Jugendhospizdienst Löwenzahn. Beim Jahresfest 2019 in der Pauluskirche wurde er in seinem Amt begrüßt. Hier unser Interview mit Heribert Germeshausen:

Forum Dunkelbunt: Herr Germeshausen, Koblenz, Salzburg, Bonn, Dessau, Heidelberg, Schwetzingen – Sie waren schon an verschiedenen Opernhäuser als Musiktheaterdramaturg und Operndirektor tätig – was reizte Sie daran, in Dortmund Intendant der Oper zu werden?

Heribert Germeshausen: Die Oper Dortmund hat Staatsopernformat, zwar nicht von der finanziellen Ausstattung, aber von der Größe der Bühne, ihrer technischen Ausstattung und in gewisser Weise auch der Größe von Orchester und Chor. Und es handelt sich um eine lebendige pulsierende Stadt im Zentrum einer ebensolchen Region. Mit anderen Worten, man kann hier künstlerisch wirklich etwas bewegen und neue Wege gehen. Was wir mit einem – in dieser Weise in Deutschland einmaligen Zusammenklang – aus neu gegründeter Bürgeroper, neu gegründetem Jungen Ensemble, sowie ferner aus Familienoper und Opernclubs mittlerweile auch tun.

Forum Dunkelbunt: Sie haben erst Jura und Betriebswirtschaftslehre studiert und dann 2004 die Theaterlaufbahn eingeschlagen – wie nutzt Ihnen dieses Fachwissen bei Ihrer heutigen Tätigkeit?

Heribert Germeshausen: Sehr viel. Von der Mitarbeiterzahl und Umsatz ist ein Opernhaus einem vielschichtig angelegten mittelständischem Betrieb vergleichbar. Außerdem ist mir dadurch die Denkweise von Sponsoren sehr vertraut, die ja meist einen juristischen oder betriebswitschaftlichen Hintergrund haben.

Forum Dunkelbunt: Was ist an der Arbeit am Dortmunder Opernhaus anders als an anderen Opernhäusern?

Heribert Germeshausen: Strukturell gibt es in ganz NRW kein Opernhaus mit einem derart geringen Akademikeranteil im Publikum. Das ist das Ergebnis einer wissenschaftlichen Analyse aus der Spielzeit 2014/2015. Diesen Umstand denke ich bei der programmatischen Konzeption der Spielzeiten und bei der Auswahl der Regieteams durchaus mit.

Forum Dunkelbunt: Wie empfinden Sie das Verhältnis der Dortmundern zu „ihrer“ Oper?

Heribert Germeshausen: Das Dortmunder Publikum ist außerordentlich begeisterungsfähig. Und wenn die Dortmunder einmal in ihr Herz geschlossen haben, den behalten sie auch dort. Durch Projekte wie die Bürgeroper WE DO OPERA!, OPER ERLEBEN oder die JUNGE OPER und dem JUNGEN ENSEMBLE versuche ich diese begeisterungsfähige Basis systematisch zu verbreitern und zu diversifizieren, was in einer demographisch ‚bunten‘ Stadt wie Dortmund mittelfristig sehr wichtig ist.

Forum Dunkelbunt: Sie haben schon einige Preise und Auszeichnungen für Ihre Theaterarbeit errungen. Welche Schwerpunkte setzen Sie bei Ihrer Arbeit – was möchten Sie gerne in Dortmund erreichen?

Heribert Germeshausen: Ich möchte in Dortmund ein Pilotprojekt entwickeln, was ein Opernhaus in einer demographisch diversen Stadtgesellschaft ohne ein quantitativ nennenswertes Bildungsbürgertum im 21. Jahrhundert sein kann: Es gibt zwei klare Schwerpunkte. Der eine ist der in diesem Kontext schon einige Male angesprochene ‚Outreach‘ Schwerpunkt, d.h. die Öffnung des Opernhauses in die Stadtgesellschaft mittels Bürgeroper, Jungem Ensemble, der Familienoper im Rahmen der Kooperation ‚Junge Oper Rhein-Ruhr‘. Der andere ist ein jährlich im Mai stattfindender ‚Wagner-Kosmos‘ in dem wir das Werk Richard Wagners mit selten gespielten Werken von Vorläufern, Zeitgenossen, Antipoden Wagners koppeln. Damit wird die Oper Dortmund zu einer international ersten Adresse der Richard Wagner Pflege.

Forum Dunkelbunt: Die Junge Oper liegt Ihnen besonders am Herzen – wie kann man Ihrer Meinung nach die Herzen junger Menschen für die Oper öffnen?

Heribert Germeshausen: Abstrakt: Man muss sie ernst nehmen, Impulse, Themen aus der Jungenkultur aufnehmen ohne sich anzubiedern oder den eigenen ästhetischen Standpunkt aufzugeben. Konkret: Über ‚Oper erleben‘ und die Opernclubs gibt es zahlreiche partizipative Projekte, die wir zukünftig enger an die programmierten Opern anbinden werden. Etwa INSIDE CARMEN im Rahmen des Outreachprojektes an eine später neu produzierte CARMEN. Das JUNGE ENSEMBLE und unser Composer in Residence Thierry Thiedrow entwickeln speziell für Dortmund mobile Kammeropern für Kindergärten und Schulen, damit wir Kinder und Teenager ‚vor Ort‘ , in Schulen und Kindergärten abholen. Und mit Projekten wie ECHNATON führen wir zeitgenössische Opern auf, die eine Brücke für ein Musical affines Publikum zur Oper schlagen.

Forum Dunkelbunt: Als wir angefragt haben, ob jemand vom Theater Dortmund Botschafter des Kinder- und Jugendhospizdienstes Löwenzahn werden möchte, haben Sie sofort zugesagt, was uns sehr freut. Was hat Sie motiviert?

Heribert Germeshausen: Weil ich durch Todesfälle in meinem Bekanntenkreis um die immense Bedeutung dieses Themas weiß. Um so wichtiger ist das im Falle von Kindern und Jugendlichen.

25.10.2019

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