Engagierte Friedhofsbesucher gründen Dachverband

Ausgehend vom Hamburger “Förderkreis Ohlsdorfer Friedhof” hat sich um Andreas Morgenroth ein Kreis von Menschen gebildet, die der Meinung sind, dass die Probleme dieses Hamburger Friedhofs auch die Probleme aller anderen deutschen Friedhöfe sind. So gründeten sie den „Dachverband Friedhofsvereine“. Wir stellten dem Vorsitzenden ein paar Fragen hierzu:

Forum Dunkelbunt: Herr Morgenroth, Sie haben mit anderen Mitstreitern am 30.1.2020 in Hamburg den Dachverband der Friedhofsvereine in Deutschland gegründet. Warum?

Andreas Morgenroth: Unser Dachverband will sich dafür einsetzen, dass Friedhöfe als bedeutende historische und kul­turelle Erinnerungsorte anerkannt bleiben, die als solche zum gesellschaftlichen Zusammenhalt beitragen. Wir sehen die Hauptaufgabe darin, Kräfte zu bündeln, eine gute Austauschplattform zu bilden und gemeinsam mit örtlichen Initiativen und Mitgliedsvereinen Friedhöfe als Gesamtkunstwerke im öffentlichen Bewusstsein zu stärken. Es geht uns also um den Erfahrungsaustausch und gegenseitiges Informieren, u.a. über Verfahren zum Erhalt der Gedenkzeichen, zu Substanz-schonenden Sanierungen, Anpflanzung von standortgerechten, auch Dürre-resistenten Pflanzen, Pflege des Baumbestandes. Auch wichtig sind Vernetzungen mit Steinmetz-, Friedhofsgärtner- und Landschaftsgärtner-Betrieben sowie zu Bestattungsunternehmen und Restauratoren-Werkstätten.

Neu gegründet: „Dachverband der Friedhofsvereine“ – der Vorstand


Ziel einer zeitgemäßen Friedhofskultur ist es aber auch, modernen Ansichten der Gestaltung Raum zu geben, wozu ökologisch ausgerichtete Park- und Grünanlagen gehören, die den Rahmen jedes Friedhofs bilden sollen. Daher pflanzen und pflegen die Mitglieder der Freundes- und Fördervereine, wenn damit eine ökologische Aufwertung verbunden ist. Sie klären auf, um z.B. die Abdeckung mit sterilisiertem Mulch-Material und die Bepflanzung mit nicht standortgerechten Gehölzen zu vermeiden. Die zweckentfremdende Nutzung freiwerdender Flächen für Straßenanlagen, Gewerbe- und Wohnbebauung lehnen wir ab.

Forum Dunkelbunt: Telefonisch sagten Sie mir, dass es Ihr Bestreben ist, wieder mehr Erdbestattungen stattfinden zu lassen statt Urnenbeisetzungen. Was sind Ihre Gründe dafür?

 

Andreas Morgenroth: Da fragen Sie mich persönlich, denn Fragen zur bevorzugten Bestattungsform sind sehr persönliche, dies ist kein Betätigungsfeld für einen Dachverband. Sicher  aber ist, dass die – jetzt auch von deutschen UNESCO-Deutschland anerkannte – Friedhofskultur darauf beruht, dass durch Sargbesattungen mehr Raum für persönliches Gedenken der Angehörigen entsteht und mehr Gelegenheit für persönliche Gestaltung der Grabstelle. Und solche Räume können auch nicht aktuell trauernde Menschen bewegen, einen Friedhof zu einem besinnlichen Spaziergang aufzusuchen. Was den Ressourcenverbrauch bei einer Kremation betrifft, so steht fest, dass die Mineralisierung auch ohne Einsatz fossiler Brennstoffe möglich ist, die traditionelle Sargbestattung wird ja auch weiterhin von vielen aus ethischen oder religiösen Gründen als die einzig vorstellbare Bestattungsform angesehen. Fest steht auch, dass die derzeitige Kremierungspraxis mit den bekannten Reduktionszielen zum Schutz des Klimas kaum in Einklang zu bringen ist, jedenfalls solange Kohlendioxid ausgestoßen wird, dass aus fossilen Brennstoffen stammt. Derzeit wird noch keines der 160 in Deutschland betriebenen Krematorium mit regenerativ erzeugten Brennstoffe befeuert, obwohl dies technisch möglich wäre.

Forum Dunkelbunt: Welche Friedhofsvereine haben ihr Interesse bekundet an einem Dachverband? Wer ist bereits Mitglied in Ihrem Dachverband?

 

Andreas Morgenroth: Wir haben eine dreistellige Anzahl von Kontaktadressen identifiziert, von Friedhofsvereinen und Förderkreisen, die örtlich aktiv sind und z.T. mit herausragenden Projekten von sich reden gemacht haben, wir versenden dazu Newsletter. Was wir nicht erfasst haben und wohl auch vorerst nicht können sind die vielen wertvollen Initiativen auf den konfessionellen Friedhöfen, die in die Zig-Tausende gehen. Hier gibt es Pflegeeinsätze vor den Novemberfeiertagen, Gieß- und Pflegegemeinschaften, Kapellenkonzerte u.v.m.

Forum Dunkelbunt: Welche Aufgaben liegen vor Ihnen?

Andreas Morgenroth: Für einen ambitionierten Verein sind viele Formalien zeitaufwändig zu klären – wir haben gerade mit dem zuständigen Finanzamt die Gemeinnützigkeit abgesichert. Dies auch für viele lokale Vereine  eine wichtige Frage, denn die Förderung der Friedhofskultur ist nach der Abgabenordnung noch keine eigenständige Begründung für die Gemeinnützigkeit! Parallel läuft das Antragsverfahren beim Registergericht. Weiter wollen wir kurzfristig eine Mitgliederversammlung als Online-Konferenz durchführen. Für das kommende Jahr werden wir dann Fahrt aufnehmen: Eine Fachkonferenz hier in Hamburg, Exkursionen zu Mitgliedsvereinen, Stellungnahmen zu Fachfragen, Füllen der Homepage . . .

Forum Dunkelbunt: Ihre Webseite ist noch im Aufbau – haben Sie genug ehrenamtliche bzw. hauptamtliche Helfer, um die Aufgaben, die vor Ihnen liegen, zu stemmen?

Andreas Morgenroth: Auf unserer Website werden Sie in Kürze die Satzung, die Gründungsmitglieder und die Beitragsordnung finden sowie – besonders wichtig – ein Beitrittsformular, denn wir brauchen mehr MitsteiterInnen. Sicher hat die Corona-Krise viele Abläufe arg verzögert. Ansonsten: Wir arbeiten alle ehrenamtlich.

Fotos: Dachverband Friedhofsvereine
04.08.2020

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