„Die anderen machten freitags Party und ich war auf der Pallistation“

„Denn auf der Palliativstation wird extrem intensiv gelebt, aber das haben viele Gleichaltrige nicht verstanden,“ lacht Johanna Klug bei ihrer Lesung im Haus Am Gottesacker am vergangenen Donnerstag. Sie will mehr vom Leben als Oberflächlichkeit und fühlt sich nicht ausgesaugt von ihren Einsätzen als Sterbebegleiterin, sondern bereichert und energetisiert. Das Publikum war begeistert von der 28-Jährigen.

Johanna Klug begeisterte das Publikum

In ihrem Buch erzählt Johanna Klug, warum der Tod mehr Leben als Schrecken bringen. Am Ende geht es um das Wesentliche, um Gefühle. „Es auszuhalten, dass diese Gefühle einfach da sein dürfen, bringt einen selbst in Kontakt mit dem Leben,“ sagt sie. Denn in unserer „Happiness-Gesellschaft“ würden alle unangenehmen Gefühle vor allem stören und deshalb weggesperrt. Johanna Klug studierte Medienmanagement und digitale Kommunikation und suchte schon in dieser Zeit nach etwas, das „mehr Sinn gibt“. Sie fand ihn auf der Palliativstation in Würzburg und der Umgang mit dem Sterben hat sie nie mehr losgelassen.

Johanna Klug und Beate Schwedler (Forum Dunkelbunt e.V.)

Auch bei einem dreimonatigen Aufenthalt in Südafrika arbeitete sie im Hospiz und erfuhr, dass Trauer auch laut und körperlich sein kann: „Das hat mir gut gefallen!“. Sie gründete in Regensburg den Studiengang „Perimortale Wissenschaft“ mit und ist jetzt als freischaffende Autorin unterwegs. „Mehr vom Leben – Wie mich die Begleitung Sterbender verändert“ ist ihr erstes Buch, ein zweites bereits in Arbeit. Die Trauerhalle im Haus Am Gottesacker bot einen schönen Rahmen für die Lesung.

Johanna Klug bei der Lesung in Dortmund

„In den Medien ist der Tod omnipräsent und immer mit Negativität behaftet,“ ärgert sich Johanna Klug. So sei es kein Wunder, dass viele Menschen die Augen lieber verschließen, statt sich mit der Vergänglichkeit ihres Daseins zu beschäftigen. Klug: „Leben und Tod gehören zusammen und wir nehmen uns diese Polarität, wenn wir den Tod aussperren aus unseren Gedanken und Gefühlen.“ Dabei rahme der Tod das Leben und gebe ihm erst einen wahren Sinn.

Johanna Klug wünscht sich, dass die Frage danach, wie die eigene Beerdigung aussehen soll ebenso leichtgängig zu besprechen ist wie die Frage nach dem neuen Kuchenrezept. Das Publikum folgte ihr in diesem Wunsch. Viele der Besucher haben selbst mit Sterbebegleitung zu tun und konnten eigene Beispiel-Geschichten beisteuern. Auch Michael Nau von der Buchhandlung am Amtshaus, der dafür sorgte, dass Klugs Bücher vor Ort gekauft werden konnten, zeigte sich beeindruckt von den vielen Facetten des Themas: „Wenn man selbst damit konfrontiert ist, merkt man plötzlich, wie wichtig der Umgang damit ist.“

 

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