Trauerfeiern brauchen Nähe!

Die Corona-Krise zeigt deutlich, was eine Trauerfeier im Kern ausmacht: menschliche Nähe. Sie herzustellen, ist unter den derzeitigen Bedingungen kaum möglich.

Die jetzt geltenden Kontaktverbote und Beschränkungen, sollen Leben retten. Sie schaffen aber überall dort, wo es menschliche Nähe braucht, zum Teil katastrophalen Abstand und ungesunde Distanzierung.

Bestattungen mit 10 Teilnehmern

Vorsicht ist gut, aber Abschied und Trauer brauchen Kontakt und Nähe. Bestattungen sind ausdrücklich vom Kontaktverbot ausgenommen, wie der Bundesverband der Bestatter erklärt. Leider können diese jedoch nur noch unter Berücksichtigung des §11 Abs. 4 CoronaSchVO erfolgen. D.h. bei der Bestattung ist der Kreis der Teilnehmer auf den engsten Familienkreis zu beschränken und es sind die dort genannten hygienischen Mindestanforderungen zu beachten.

Beerdigung in Corona-Zeiten: unter freiem Himmel und mit maximal zehn Personen. Foto: WA.de

Das bedeutet, dass Trauerfeiern in Bochum und Dortmund derzeit nur noch unter freiem Himmel stattfinden, weil die Trauerhallen verschlossen bleiben und nur maximal zehn Personen erlaubt sind.

Würdigung funktioniert auch Outdoor

Eine Trauerfeier unter freiem Himmel abzuhalten, ist weniger problematisch, als sich manche Angehörigen vielleicht vorstellen. In Bestattungswäldern ist dies die gängige Praxis und die Abschiednahmen können auch dann feierlich und anrührend sein, wenn es in Strömen regnet oder Insekten den Urnenkranz umschwirren. Würdig wird die Feier in einer entsprechenden Würdigung (durch den Pfarrer, den Redner oder die Angehörigen). Auch Musik kann Openair gespielt werden. Dies alles nimmt nichts von der Ernsthaftigkeit.

Konfliktpotential: Wer gehört zum intimsten Kreis?

Was allerdings dramatisch schadet, ist die Begrenzung auf nur zehn Personen. Natürlich gibt es Beisetzungen, an denen sowieso nur acht Menschen teilnehmen. Aber schon wenn es zwölf Personen wären, müssen die Angehörigen auswählen und – wen auch immer – ausschließen. Das birgt Konfliktpotential.

„Im engsten Familienkreis“ ist eben nicht immer leicht zu definieren. Manchmal stand die Freundin einer Verstorbenen wesentlich näher als der Bruder. Die Familien lösen das Dilemma auf unterschiedliche Weise.Manche klammern sich an die Blutsverwandtschaft als Auswahlkriterium. Und auch hier ist es manchmal schwierig. In Bochum entschieden jüngst die Angehörigen, dass die eigentliche Trauerfeier mit Rednerin stattfand mit der Witwe, dem Sohn und dessen Familie. Damit waren zehn Personen komplett. Die Tochter (mit ihrem Mann, ihren Kindern und Schwiegereltern) feierte dann am Nachmittag eine eigene Zeremonie ohne Redner.

So läuft das derzeit:

Die kleinen Trauergruppen stellen sich draußen um die Urne auf. Ehepaare stehen beieinander, ansonsten versucht man, zwei Meter Abstand einzuhalten. Manchmal eine geradezu groteske Szenerie, denn es wird einem auf einmal schmerzlich bewusst, dass Abschiednahmen ein Herden-Ritual sind – die Herde kommt nah zusammen, steht sich einander bei. Wo sie es nicht tut, würde ich als Rednerin sie „zusammentreiben“ mit den Worten: „Kommen Sie alle etwas näher.“ Und folgen die Trauergäste dieser Anweisung stellt sich automatisch ein größeres Gefühl der Nähe, des Zusammengehörens ein. Man kann das fühlen.

Abschiednahme als Herdenritual

Niemals kann man die Bedeutung der „Abschiednahme als Herdenritual“ deutlicher erleben als derzeit bei den Corona-Beerdigungen, die wirken, als hätten die weit auseinander stehenden Beteiligten nichts mit der Sache zu tun.

Besonders traurig und schmerzhaft  ist es, wenn beispielsweise die Witwe ganz alleine stehen muss (wegen der Abstandsregelung), weil die weit entfernt wohnenden Verwandten sie nicht berühren mögen. Kein Händeschütteln, keine Umarmung. Das ist für viele Menschen in dieser Situation kaum aushaltbar. Und auch im Anschluss geht die Gruppe nicht zusammen zum Kaffeetrinken (um sich gegenseitig im Erinnern an den Verstorbenen zu übe und um sich zu zeigen, dass das Leben weitergeht). Denn kein Restaurant hat geöffnet. Alle kommen einzeln, bleiben vereinzelt und gehen allein. So ist die Zeremonie der Abschiednahme fast ad absurdum geführt.

Manche Familien helfen sich, in dem sie de eigentliche, große Trauerfeier auf einen späteren Zeitpunkt verschieben – nach Corona. Sie wollen dann zu einem anderen Termin alle zusammenkommen, zum Beispiel am Geburtstag des Verstorbenen. Manche filmen die Trauerfeier und lassen so die anderen teilhaben – es wird viel experimentiert und improvisiert derzeit.

 

Hier ein Überblick über die geltenden Bestimmungen:

Generell gelten derzeit folgende Bestimmungen im Zusammenhang von Beerdigungen und Trauerfeiern:

  • Die beiden Bestattungsarten (Erd- und Feuerbestattung) sind weiterhin frei wählbar und bleiben auch in Zeiten der Krise möglich.
  • Bundesweit sind Beerdigungen und Trauerfeiern aufgrund der Coronakrise nur noch eingeschränkt möglich.
  • Gottesdienste, auch im Zusammenhang von Trauerfeiern, sind untersagt.
  • Zulässig sind Erd- und Urnenbestattungen sowie Totengebete im engsten Familien- und Freundeskreis.

Regelungen der einzelnen Bundesländer hinsichtlich Bestattungen und Trauerfeiern

Die Regelungen der einzelnen Bundesländer hinsichtlich Bestattungen und Trauerfeiern fallen teils unterschiedlich aus. Informationen zu den derzeit geltenden Bestimmungen der einzelnen Bundesländer finden Sie hier.

Empfehlungen vom Bundesverband Deutscher Bestatter e. V.

Der größte Berufsverband der Bestatter in Deutschland, spricht folgende Empfehlungen hierzu aus:

  • Es sollte mit den Hinterbliebenen besprochen werden, den Kreis der Teilnehmenden möglichst klein zu halten (bis max. 10 Personen inkl. Dienstleister vor Ort), um das Risiko der Ansteckung zu verringern.
  • Bei Trauerfeiern sollten vor Ort (inkl. Mitarbeiter des Bestatters und Träger) Teilnehmerlisten ausliegen, in denen durch einen Mitarbeiter der Friedhofsverwaltung oder einen Mitarbeiter des Bestatters die Teilnehmer inkl. Kontaktdaten eingetragen werden. Dieses dient der schnelleren Identifikation der Teilnehmer, sollte zu einem späteren Zeitpunkt einer der Teilnehmer als positiv auf Corona getestet werden. Die Teilnehmerlisten werden von der Friedhofsverwaltung verwahrt und nach angemessener Zeit (4 Wochen) vernichtet.

Für die Zusammenkunft auf derzeit nur im beschränkten Maße möglichen Trauerfeiern möchten wir folgende Empfehlung aussprechen:

  • Auf körperliche Gesten der Kondolenz und Anteilnahme (Umarmungen, Küsse, Händeschütteln) verzichten, Abstandsregel beachten mind. 1,5 Meter.
  • Die Sitzplätze für Trauergäste sollten möglichst weit auseinander liegen, Abstandsregel beachten mind. 1,5 Meter.
  • Bei „internationalen und länderübergreifenden“ Trauerfeiern sollten die aus dem Ausland/ anderen Bundesländern anreisenden Trauergäste im Vorfeld auf ein mögliches Infektionsrisiko hingewiesen und gebeten werden, nicht zur Trauerfeier anzureisen.
  • Verschiedene Städte fordern dazu auf, bei Trauerfeiern eine Teilnehmer- bzw. Kondolenzliste zu führen, damit bei einer späteren Erkrankung eines Teilnehmers der Infektionsweg nachverfolgt werden kann bzw. andere potenziell Betroffene informiert werden können.

Die Bestattungsunternehmen weisen darauf hin, dass wenigstens der engste Kreis der Familie an einer Trauerfeier vor Ort teilnehmen kann bzw. die Trauerfeier im engsten Familienkreis auf dem Friedhof am Grab (unter freiem Himmel) durchgeführt wird. Gegebenenfalls kann die Trauerfeier auch zeitversetzt und dann in kleineren Gruppen durchgeführt werden.

Folgendes sollte im Einzelfall mit den Angehörigen gemeinsam überlegt werden:

  • Die Trauerfeier mit anschließender Beisetzung findest zunächst im engsten Kreis statt, die größere Trauerfeier/Gedenkfeier später, wenn die Corona-Krise vorbei ist. Hierauf sollte dann auch schon in Anzeigen und Trauerbriefen hingewiesen werden.
  • Auch Online-Übertragungen der Trauerfeier über das Internet können, wenn die technischen Voraussetzungen bestehen, eine Alternative sein.
  • Oder man lässt die Trauerfeier als Video aufzeichnen, so dass der Film später, zum Beispiel bei einer Gedenkveranstaltung, gemeinsam angesehen werden kann.

Text: Beate Schwedler

Sachinfos vom Bundesverband der Bestatter

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