Das Leben und den Tod feiern: Humboldt-Forum lädt ein zu einer besonderen Begegnung mit der Vergänglichkeit

Anfang November, mit Allerheiligen und Allerseelen, wird in Deutschland, aber auch andernorts der Toten gedacht. Spätestens seit dem James Bond Film Spectre , der seinen Auftakt im Getümmel einer mexikanischen Totenparade findet, kennt die Welt das mexikanische Totenfest. Hier kehren die Toten aus dem Jenseits für einen Tag zurück ins Reich der Lebenden und feiern mit diesen ein rauschendes Fest, bei dem Kerzen, Weihrauch, ein Altar, Blumen, Scherenschnitte und Zucker-Totenköpfe nicht fehlen dürfen. Seit 1995 veranstaltet Calaca e. V. das Mexikanische Totenfest in wechselnden Räumen. Dieses Jahr findet es zum ersten Mal im Humboldt Forum statt.

Das Totenfest ist das größte und wichtigste Volksfest in Mexiko. Nach alt-mexikanischem Glauben kommen an Allerseelen die Toten zu Besuch aus dem Jenseits und feiern mit den Lebenden ein besinnliches und fröhliches Wiedersehen mit Musik, Tanz und gutem Essen. Weit über Mexiko hinaus wird dieses bunte, turbulente Fest auf der ganzen Welt gefeiert, so auch in Berlin. Beim mexikanischen Totenfest im Humboldt Forum erwartet die Besucher*innen neben einem Markt, Kunsthandwerk, Workshops und Angeboten für Kinder ein buntes Abendprogramm, das mit einer Ofrenda, Theater, Tanz, Performance und Live-Musik die Themen Tod – Erinnerung – Kolonialismus aufgreift. Denn bei den Feierlichkeiten treffen koloniale und prähispanische kulturelle Traditionen aufeinander, wobei sich der prähispanische Glaube gegenüber dem katholischen in subversiver Weise behauptet hat.

KLEINE LEGENDE

Ofrenda: reich geschmückter Altar, geschmückt mit Geschenken für die Toten wie Blumen, Kerzen, Kunsthandwerk, Obst, Kuchen, Süßigkeiten, Limonaden, Schnaps, Zigaretten
Calavera: bunt geschmückter Totenkopf aus Zucker für den Toten-Altar (Ofrenda)
La Catrina: zentrale Figur des mexikanischen Totenfestes – eine elegante Dame mit ausladendem Hut und Federboa als Skelett
Mictlán: Ort des Friedens, an den der Tote nach einer langen beschwerlichen Reise gelangt

MARKT

Mercado Calaca e.V.
Mexikanisches Essen und Kunsthandwerk
Tacos, Tamales, Tostadas, Tequila – probieren Sie auf dem Markt im Foyer des HFs
original mexikanische Spezialitäten! Kunsthandwerk und süße Backwaren speziell zum
Totenfest sind ein ideales Mitbringsel und Erinnerungsstück. Wir laden ein zum
Schlendern, Schauen, Schlemmen und Staunen.

WERKSCHAU

Papel Picado. Werkschau zu mexikanischen Scherenschnitten
Bunte Seidenpapiergirlanden und Miniaturbilder: Bei mexikanischen Festen dürfen
diese Dekorationselemente nicht fehlen und werden auch beim Totenfest das Humboldt
Forum schmücken. Armando Martínez hat sich auf die Herstellung dieser speziellen
mexikanischen Volkskunst spezialisiert und lädt zum Zuschauen und Mitmachen ein.

PERFORMANCE

Zeremonien an der Ofrenda
Die Ofrenda, ein ca. 40 m 2 großer, überbordend geschmückter Altar, ist der Dreh- und
Angelpunkt des mexikanischen Totenfestes. Nach der zeremoniellen Öffnung wird er
geschmückt mit Blumen, Kerzen, Kunsthandwerk, Obst, Kuchen, Süßigkeiten,
Limonaden, Schnaps, Zigaretten – Geschenke für die Verstorbenen. Auch alle
Besucher*innen sind eingeladen, Gaben wie Fotos, Kerzen für ihre Verstorbenen
mitzubringen. So wächst der Altar im Laufe des Festes und füllt sich mit
Erinnerungsstücken. Die Öffnungs- und Schließungszeremonien werden an jedem Tag
des Festes mithilfe von traditionellen Rhythmusinstrumenten wie Rasseln und Schellen
sowie Muscheln durchgeführt, um die Verstorbenen einzuladen.

MUSIK

Son Mex – Mexikanisches Gitarrenkonzert
Drei mexikanische Musiker haben sich in Berlin zusammengefunden und zeigen den
Reichtum ihrer musikalischen Kultur. Jeder für sich hat sich der Interpretation der
Musik aus verschiedenen Regionen Mexikos gewidmet. Mit Gitarren und Guitarrón
(Bassgitarre) interpretieren sie unterschiedliche Genres wie z.B. die Walzer aus Oaxaca,
Chilenas aus Guerreo und Sones aus Michoacán und Veracruz.

PERFORMANCE

Reise nach Mictlán
Nach prähispanischen Vorstellungen unternimmt jeder Mensch nach seinem Tod eine
beschwerliche Reise, die ihn am Ende nach Mictlán führt – einen Ort des Friedens. Auf
der Reise wird der Mensch von einem Hund begleitet, der ihn unterstützt und ihm hilft,
neun herausfordernde Stationen zu überwinden. Tanja Watoro interpretiert in ihrer
Performance diese Reise mit Musik, Geräuschen, prähistorischen Objekten und
Körpersprache.

PERFORMANCE UND MUSIK

La Catrina
Catrina ist die Figur, die für das Mexikanische Totenfest steht und die in Mexiko jedes
Kind kennt: eine elegante Dame mit ausladendem Hut und Federboa als Skelett,
geschaffen vom mexikanischen Lithografen José Guadalupe Posada. Catrina taucht auf,
geht durch den Raum, besucht die Ofrenda und fordert Auserwählte zum Tanz auf. Sie
wird auf ihrem Weg von Live-Musik begleitet.

MUSIK

Mariachi Internacional *El Dorado*
Die Gruppe Mariachi Internacional *El Dorado* spielt mit mitreißender Begeisterung
die Musik der Liebe, Sehnsucht, Freude und Leidenschaft. Damit bringen sie ein Stück
mexikanischer Tradition nach Europa. Die Musiker*innen spiele die romantischen
Boleros, Rancheras, Corridos, Sones und Jarabes. Bésame mucho – Cielito lindo – La
cucaracha, um nur einige bekannte Lieder zu nennen. Der Gesang wird begleitet von
Trompeten, Geigen und den typischen Klängen des Gitarrón und der Vihuela.

VORTRAG

Kolonialismus und Widerstand. Das Mexikanische Totenfest und das Konzept des
„Barock“ zum Verständnis Lateinamerikas.
Die kulturellen Formen, die Lateinamerika hervorgebracht hat, gehen auf den
asymmetrischen Prozess der Begegnung/Entgegnung zwischen zwei
Zivilisationsprinzipien zurück: die kapitalistische Moderne aus Europa und die
vielfältigen Formen der präkolumbischen Ursprungszivilisationen. In diesem Vortrag
beschreibt der Philosoph Iván Carrasco Andrés den Mestizoprozess, den Lateinamerika
übernehmen musste, um eine Lebenswelt neu zu erschaffen, die fast von Europa
ausgelöscht wurde.

MUSIK

Ensemble Sesiones del Sur
Im Ensemble Sesiones del Sur spielen Musiker*innen aus Argentinien, Brasilien,
Venezuela, der Dominikanischen Republik, Panama und Deutschland. 2018 unter der
Leitung des venezolanischen Multiinstrumentalisten Mauricio Vivas in Leipzig
gegründet, waren von Anfang zahlreiche Leipziger Jazzmusiker*innen sowie inter-
nationale Gastmusiker*innen, vor allem aus West-Afrika Teil der Gruppe. Seitdem legt
das Ensemble den Schwerpunkt auf die Zusammenführung von Musiktraditionen aus
Lateinamerika, insbesondere Peru, Brasilien, Venezuela und deren afrikanische Diaspora.

KINDERPROGRAMM

4. + 5. November 2023 ab 14 Uhr
PERFORMATIVE PRÄSENTATION
„Was kommt auf die Ofrenda?“ Eröffnung der Ofrenda für Kinder
Die „Elemente der Ofrenda“ (Wasser, Feuer, Salz, Blumen, Totenbrot u.a.) und ihre
Bedeutung (auf Spanisch mit Übersetzung) werden vor dem Altar vorgestellt. Die
Präsentation führt zu einem Spiel, bei dem die Kinder die Elemente der Ofrenda auf
einem Vordruck mit Illustration identifizieren können.

WORKSHOP

Kinderschminken
Kinderschminken darf auch beim mexikanischen Totenfest nicht fehlen. Skelett, Blume
oder viele weitere Motive stehen für die Kinder zur Auswahl

WORKSHOP

Nette Skelette
Skelette mit Pailletten und glitzernde Totenköpfe? Dies und vieles mehr können Kinder
in drei thematischen Workshops basteln. Die Kunstwerke können sie als Gaben für die
Verstorbenen auf die Ofrenda legen oder an einer Pinnwand ausstellen. Die
Anforderungen der Workshops sind auf verschiedene Altersgruppen zugeschnitten.

INTERAKTIVES THEATER

Interview mit dem Tod
Wie findet der Tod eigentlich seinen Job? Macht es ihn manchmal traurig, dass viele
Menschen ihn nicht mögen? Und warum können nicht alle Menschen ewig leben? Der
Tod kommt hier auf die Bühne und wird von einer Journalistin und den Kindern im
Publikum interviewt. Dabei erfahren die Kinder, weshalb die Verstorbenen nie ganz
verschwinden, wenn wir an sie denken.

Weitere Infos: Humboldt-Forum Berlin

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