Hoch emotionaler Filmklassiker

Ein Filmklassiker von 1952, der auch heute noch durch Mark und Bein geht: Verbotene Spiele („Forbidden Games“). Die Rezension: Frankreich, 1940. Die fünfjährige Paulette (Brigitte Fossey) flieht mit ihrer Familie aus Paris. Die Flucht nimmt jedoch ein jähes Ende, als bei einem Tieffliegerangriff der Deutschen die Eltern und der Hund getötet werden.

Ziellos streift das Mädchen anschließend umher, mit dem toten Tier auf dem Arm, kennt weder die Gegend noch die Leute. Dabei lernt Paulette den elfjährigen Bauernsohn Michel (Georges Poujouly) kennen, der sie mit auf den Hof seiner Eltern nimmt. Diese nehmen sie herzlich bei sich auf, obwohl auch sie einen Schicksalsschlag zu beklagen haben. Schnell schließen die beiden Kinder Freundschaft, trotz ihrer sehr unterschiedlichen Herkunft. Besonders beschäftigt sie dabei der Tod, der sie ständig umgibt, was sie dazu veranlasst, nach einer eigenen Methode zu suchen, wie sie mit der Situation umgehen …

Antikriegsfilm aus Kinderperspektive

Antikriegsfilme gibt es natürlich nicht zu knapp, gerade nach dem Vietnamkrieg wurden in Hollywood reihenweise Werke gedreht, die sich mit dem Schrecken der Zeit auseinandersetzen. Während diese jedoch primär das Leid der Soldaten aufzeigten, demonstrierten andere Genrevertreter den Horror aus Sicht der gewöhnlichen Bevölkerung. Besonders hart sind dabei natürlich die Filme, in denen wir die Ereignisse an der Seite von Kindern erleben. So gilt Die letzten Glühwürmchen, bei dem zwei Geschwister 1945 versuchen, in dem vom Krieg gezeichneten Japan zu überleben, als einer der härtesten Animationsfilme aller Zeiten. Ebenfalls Filmgeschichte schrieb der französische Beitrag Verbotene Spiele, der 1952 den Goldenen Löwen in Venedig erhielt und auch mit einem Ehrenpreis bei den Oscars als bester fremdsprachiger Film gewürdigt wurde.

Dabei wäre es beinahe nicht zu dem Film gekommen. François Boyer hatte zunächst ein Drehbuch geschrieben, das er aber nicht finanziert bekam, weshalb er seine Geschichte zunächst als Roman umsetzte. Als dieser dann in den USA Erfolge feierte, gelang es Regisseur René Clément (Wie Raubkatzen, Nacht der Erfüllung), doch noch Geldgeber aufzutreiben. Ursprünglich war jedoch nur ein Kurzfilm geplant. Erst nachträglich wurde der Stoff zu einem kompletten Spielfilm ausgebaut, auch durch den Dreh neuer Szenen mehrere Monate später. Dass Verbotene Spiele letztendlich Stückwerk ist, merkt man dem Endergebnis kaum an, die nachträglichen Szenen fügen sich gut ein. Das ist bemerkenswert bei einem Film, der primär von der Entwicklung der Figuren erzählt, anstatt eine tatsächliche Handlung in den Mittelpunkt zu stellen.

Hoch emotional

Clément und sein Drehbuchteam arbeiten dabei mit Kontrasten. Das betrifft nicht nur die Kinder an sich: Michel kommt aus einem religiös geprägten Dorf, Paulette aus dem weltlichen Paris, auch der Altersunterschied führt zu deutlichen Diskrepanzen. Es betrifft vor allem auch das Nebeneinander einer kindlichen Unschuld und dem Schrecken des Kriegs, das Verbotene Spiele zu einer anderen Art Antikriegsfilm macht. Gerade das Mädchen tut sich schwer damit zu verstehen, was genau da bei dem Bombenangriff geschehen ist. Die verschiedenen eigenwilligen Methoden der beiden sind Ausdruck einer Hilflosigkeit und gleichzeitig eines Versuchs, das Geschehene zu verarbeiten. Mit gemischten Gefühlen darf man dabei zusehen, wenn das irgendwie drollig und herzerweichend zugleich ist.

Zuweilen kippt das ein bisschen sehr ins Melodram, wo ein stärker naturalistischer Zugang wünschenswert gewesen wäre. Aber Verbotene Spiele stammt nun einmal aus den frühen 1950ern, mit Subtilität hatte man es da nicht so. Dass der Film in Frankreich während der Nouvelle Vague nicht das größte Ansehen genoss, ist da nicht überraschend. Und doch ist das Drama mehr als plumpe emotionale Manipulation, die mit dem Leid von Kindern Kasse machen will. Einfühlsam führt der Regisseur vor Augen, was es mit Menschen anrichten kann, wenn sie vom Tod umgeben sind und nach einem Weg suchen damit umzugehen. Und er verzichtet auf Kitsch, gerade zum Ende hin mutet er dem Publikum noch einmal eine ganze Menge zu, zeigt Szenen, die 70 Jahre später noch immer durch Mark und Bein gehen.

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