Im Interview: „Der Tod“

„Der Tod“ auf Tour – wir waren begeistert! Am Rande seines Auftrittes in der Zeche Carl konnten wir dem „Tod“ ein paar Fragen stellen. Hier das Interview:

Forum Dunkelbunt: Gleich am Anfang frage ich mal: Siezt oder duzt man den Tod besser?

Der Tod: Wir können uns gern duzen. Man sieht sich ja eh wieder und dann haben wir die Förmlichkeiten bereits hinter uns.

Forum Dunkelbunt: 2011 fingst du an, auf den deutschen Kabarettbühnen für den Tod eine Image-Kampagne zu starten. Was hat es bisher genutzt?

Der Tod hat so seine Schwierigkeiten mit den Medien…

Der Tod: Angst empfindet man oft vor Dingen, die man nicht besonders gut kennt. Dass es nun die Möglichkeit gibt mich kennenzulernen oder mir gar entgegenzulachen, scheint vielen zu helfen und ein Bedürfnis zu sein. In meinem Publikum sitzen Kinder wie Rentner, Sterbenskranke und Putzmuntere, ich bekomme Briefe und Emails, die Vorstellungen sind fast immer voll und es herrscht erstaunlicherweise überall eine lebensfrohe Stimmung. Zumindest in der Öffentlichkeitsarbeit scheint die Jenseits-Tourismus-Behörde ein großes Stück vorangekommen zu sein.

Forum Dunkelbunt: Die Kutte macht ja vielen Angst – deine Stimme klingt dagegen überaus harmlos. Schon mal drüber nachgedacht, mehr donnernden Bass zu üben, denn, mal ehrlich, wäre es nicht auch verlockend, wenn alle frösteln bei deinem Anblick und eine gehörige Portion Respekt zeigen?

Der Tod: Ja, verlockend schon, aber auch sehr kontraproduktiv meiner Image-Kampagne gegenüber. Es geht ja nicht darum, die Zuschauer zu schocken, sondern sie zu ermutigen mich in ihren Alltag zu lassen. Und auch wenn es sicher Liebhaber von Horror- und Grusel-Momenten gibt, so geht es mir eher darum Ängste abzubauen. Und man lacht nun mal eher über eine süße Stimme.

Der Tod auf der Bühne

Forum Dunkelbunt: Ein 72-jähriger Fan hat einmal vor deinem Auftritt gesagt „Ich freu mich jetzt schon zum dritten Mal auf den Tod.“ Wie wird es dann wohl erst im Ernstfall?

Der Tod: Schauen wir mal. Den Tod kann man nicht proben. Aber wenn man sich vorher mit der Thematik beschäftigt, dann scheint es zumindest dabei zu helfen, mir gelassener entgegenzusehen.

Forum Dunkelbunt: Wortspiele rund um das Thema Tod zu finden, funktioniert vermutlich bis zum Sankt Nimmerleinstag – liegt das daran, dass wir das Thema Tod praktisch immer am liebsten verdrängen?

Der Tod: Naja, dass der Tod so in der Sprache verankert ist, zeigt ja auch, dass er schon eine gewichtige Rolle im Leben spielt. Den meisten ist aber gar nicht bewusst, wie oft sie eigentlich „tödliche“ Redewendungen verwenden. Da spielt Verdrängung sicher eine große Rolle.

Forum Dunkelbunt: Ich könnte mir vorstellen, dass viele Zuschauer doch mal gerne wissen möchten, wer sich hinter der Kapuze verbirgt. Ziehen manche dran? Und was machst du dann?

Der Tod: Das passiert in der Regel sehr selten. Die meisten müssen dem Tod früh genug ins Auge blicken, das mindert das Verlangen. Als Tod strahlt man wohl auch eine gewisse Unnahbarkeit aus. Das hilft ebenfalls. Aber natürlich habe ich auch für den Fall vorgesorgt, dass mal jemand unter die Kapuze lugt.

Der Tod im Alltag

Forum Dunkelbunt: Du trittst ja auch in Altenheimen oder Hospizen auf. Welches Publikum lacht intensiver – die, die meinen, sie sind noch weit von dir entfernt oder die, denen du schon etwas näher gerückt bist?

Der Tod: Beide Gruppen können auf Humor über die Endlichkeit und meine Arbeit sehr laut und euphorisch, aber auch sehr nachdenklich reagieren. Die Menschen sind zum Glück sehr unterschiedlich, jeder verarbeitet anders und jeder benötigt einen anderen Umgang. Deshalb ist meine Art auch nur ein Angebot und ein Besuch sollte immer freiwillig sein. Zumindest wenn ich auf der Bühne stehe…

Forum Dunkelbunt: Publikumspreis 2012 beim Stockstädter Römerhelm, Jury-Preis beim Kleinkunstfestival der Berliner Wühlmeise und Gewinner des Kupferpfennigs bei der Leipziger Lachmesse 2013, Live-Kulturhighlight im Jahr 2014 in München, Thüringer Kleinkunstpreis 2016… ganz schön abgeräumt hat der Tod. Gehst du in Kutte auf die Bühne, um den Preis in Empfang zu nehmen? Und könntest du dir vorstellen, manchen Preis nicht bekommen zu haben, weil du nur als Tod in der Öffentlichkeit auftreten willst?

Der Tod: Ja, ich trete auch bei Preisverleihungen mit Kutte und Sense auf. Sonst würde mich wohl auch niemand erkennen. Ich finde, ein gewisses Mysterium gehört zum Tod einfach dazu. Natürlich schränkt das auch ein. Ich finde deshalb zum Beispiel im Fernsehen fast gar nicht statt und manche Redakteure sind sehr verstimmt und wollen gar nicht glauben, dass ich mich einer größeren Öffentlichkeit entziehe, nur weil ich mich nicht unverhüllt in Talkshow xy setzen lasse. Ich finde es allerdings viel wichtiger in der heutigen Zeit zu zeigen, dass man nicht nur erfolgreich sein kann, wenn man sein Gesicht in jede Kamera hält und möglichst viel von seinem Privatleben preisgibt. Es geht auch anders, es zeigt nur fast keiner mehr.

Forum Dunkelbunt: Die Anonymität hat aber wahrscheinlich auch Vorteile… oder?

Der Tod: Auf jeden Fall. Manchmal unterhalte ich mich in der Pause mit dem Publikum, ohne dass sie wissen, dass ich derjenige bin, der die ganze Zeit auf der Bühne steht. Außerdem ist man im Erfolg nicht so anfällig für narzisstische Züge. Es verschwindet alles in dem großen Überthema. Und so soll es doch eigentlich auch sein, wenn man was zu sagen hat.

(Interview: Beate Schwedler;
Antworten und Fotos: „Der Tod“)

Mehr dazu:

www.endlich-tod.de

Tourbericht zum dritten Solo-Programm

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