Indonesien: Fröhliche Totenehrung

Auf Friedhöfen in Indonesien sieht man häufig fröhlich bunte, aufgespannte Schirme über den Gräbern. Ein Zeichen dafür, dass die Angehörigen auch nach ihrem Tod noch gehegt und gepflegt werden. In Indonesien, dem größten muslimischen Land der Erde, werden durchaus unterschiedliche Rituale zur Bestattung und Ehrung der Toten gepflegt. David Bowie († 10. Januar 2016) wünschte sich, dass seine Asche auf Bali verstreut wird, „in Übereinstimmung mit buddhistischen Ritualen“.

Vor Bali liegen drei kleine bezaubernde Inseln, die beliebteste unter Reisenden ist derzeit noch Nusa Lembongan. Sigrid Bathke fotografierte auf ihrer letzten Reise hier einen Friedhof, auf dem bunte Sonnenschirme für die Toten aufgespannt sind. Teilweise findet man an den Gräbern auch Zigaretten, Haarspangen, Kämme, Parfüm und Ähnliches – alles für die Verstorbenen.

Diese gut beschirmten Grabstellen befinden sich auf hinduistischen Grabstellen. Hinduistische Feuerbestattungen auf Bali sind ein aufwendiges Zeremoniell, das Touristen meist zutiefst beeindruckt. Es wird gejohlt, gelacht und getanzt. Es ist ein eindrückliches Spektakel, bei welchem das ganze Dorf zu vibrieren scheint. Als westlicher Zuschauer kann man kaum glauben, dass es sich bei dieser lauten und bunten Zeremonie um eine Totenfeier handelt. Die Vorbereitungen laufen tagelang – schließlich ist die Kremation der wichtigste Moment im Leben eines Balinesen – was für westliche Ohren gar unverständlich klingen mag.

Indonesischer Friedhof – Eingang. Foto: Sigrid Bathke

Wer sich diese große Party aus finanziellen Gründen nicht leisten kann, darf seine Angehörigen auch bei einer Massenkremationen ins Jenseits verabschieden. Das allerdings hat zur Folge, dass Familien, die beim Ableben eines Mitglieds über nicht genügend Barmittel für eine Verbrennung verfügen, den Toten so lange der Erde übergeben, bis genügend Geld für eine Feuerbestattung beisammen ist. Er bleibt in diesem Falle mindestens drei, aber nicht länger als fünf Jahre in der Erde. Während dieser Zeit werden dem Toten stets Opfergaben dargebracht, da seine Seele im Körper verharrt. Diese Begräbnisstätten liegen abgeschieden in einem Waldstück und sind nicht als solche zu erkennen. Sie werden von den Dorfbewohnern als Ort der Dämonen gemieden.

Mit der Kremation ist ein mehrtägiges Fest verbunden, bei dem die ausgegrabenen Leichen in große Figuren aus Pappmaché gelegt werden, die dem Charakter der verstorbenen Person entsprachen, also z.B. ein Drache (ein positives Tier in Indonesien), ein Tiger, ein Vogel oder Ähnliches. In dieser Pappmaché-Figur werden die Leichen dann auch verbrannt.

Wenn in Padang Bai (Bali) ein Dorfbewohner stirbt, findet die Totenzeremonie auf der Beach Promenade statt. Die Dorfbewohner tragen ihre Toten in Begleitung eines Gamelan-Orchesters bis zum Friedhof am östlichen Straßenende. Dort wird der Leichnam verbrannt oder zunächst begraben – für den Fall, dass die Angehörigen nicht genügend Geld haben. Anschließend wird die Asche, wie bei Totenzeremonien auf Bali gemeinhin üblich, bis auf einen kleinen Rest im Meer verstreut.

Bleiben wir auf Bali: Im Dorf Trunyan am Batur-See kannt man Zeuge einer ganz außergewöhnlichen Tradition werden. Auf dem hiesigen Friedhof werden die Toten anstatt unter der Erde unter Bambusgestellen auf der Erde bestattet.

Auf der Insel Sulawesi, die abseits der Routen liegt, werden Beerdigungen ausgiebig gefeiert. Hier sind etwa die Hälfte der 600.000 Toraja heute christianisiert, die andere Hälfte hat diesen Glauben verbunden mit der alten, animistisch geprägten Naturreligion Aluk Todolo. Beides existiert vereint und nebeneinander. Und deshalb werden Tote nicht sofort bestattet, wie es die christliche Kultur vorsieht, sondern vorher zwei Jahre im Haus der Familie einbalsamiert aufbewahrt.

Hier ein Beitrag zu den hinduistischen Bestattungen auf Bali („Neue Zürcher Zeitung“, November 2013):
Festliche Feuerbestattungen

Und hier kann man über den Bestattungskult der Toraja etwas erfahren („Welt“ März 2013):
Zu Gast bei der fröhlichsten Totenfeier der Welt

Und noch ein Bericht zu den hängenden Gräbern in Indonesien – nichts für schwache Nerven (taz, April 2013):
Bestattungsrituale in Indonesien

Fotos: Sigrid Bathke

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